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5. Das Innere des Gottseligen - sein Herz ein Tempel des lebendigen Gottes, eine Wohnung der Heiligsten Dreieinigkeit
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In dem Herzen des begnadigten und durch den Heiligen Geist geheiligten Sünders erscheint nun die Heiligste Dreieinigkeit, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist, wie denn Christus spricht: "Wer Mich liebt, der wird Mein Wort halten; und Mein Vater wird ihn lieben, und Wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen" (Joh. 14,23). Eine solche Ehre und Herrlichkeit widerfährt dem Christen, der, versöhnt, durch Christi Blut gewaschen von Sünden, nun aus Dankbarkeit Christus, seinen Erlöser, über alles liebt und, weil er Ihn liebt, auch Seine Gebote hält. Die ewige Gottheit kehrt bei ihm ein. Er wird vom Vater geliebt um des Sohnes willen; er wird vom Vater besucht. Der Vater und Sohn und Heilige Geist wohnen, bleiben in ihm; darum schreibt auch Paulus (1. Kor. 3,16-17): "Wisset ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt? Wenn jemand den Tempel Gottes verdirbt, den wird Gott verderben; denn der Tempel Gottes ist heilig - der seid ihr." Und im zweiten Brief an die Korinther (6,16) schreibt er wieder: "Ihr seid der Tempel des lebendigen Gottes; wie denn Gott spricht: Ich will unter ihnen wohnen und unter ihnen wandeln und will ihr Gott sein, und sie sollen Mein Volk sein."
Nebst der Heiligen Dreieinigkeit sieht man auch noch das Kreuz Christi im Herzen; denn dieses kann der Christ nie vergessen, nie aus Sinn und Herzen lassen. Das Leiden und der Tod Jesu, des Gekreuzigten, Sein Verdienst bleibt immer der Grund, auf den er baut, auf den sein Glaube, seine Hoffnung sich stützt, bleibt die Quelle seiner Liebe. Er mag auf den Vater oder Sohn oder Heiligen Geist in sich schauen, mag noch so innig mit Gott vereinigt sein, in noch so seliger Freude schwimmen, so denkt er doch immer zurück und fragt sich selbst: Wie komme ich Sünder zu dieser unverdienten Gnade? Antwort: Durch Christus, den Gekreuzigten, der mich durch Seinen Tod mit Gott versöhnt hat. Er ist's, der Sünde, Fluch und Tod durch Sein Kreuz von mir abgewendet und Gnade, Heil und Leben mir erworben und geschenkt hat. Durch Seine Gnade und durch Sein Verdienst bin ich, was ich bin.
Statt der sieben Haupt- und Todsünden, die bisher sein Herz einnahmen und zur Werkstätte des Teufels machten, erblicken wir jetzt die entgegen gesetzten Tugenden darin, nämlich Demut, Liebe, Freigebigkeit, Keuschheit, Wohltätigkeit, Mäßigkeit, Nüchternheit, Geduld und Sanftmut, Eifer und Andacht.
Wer sollte sich nicht aus allen Kräften bestreben, Christi Worte und Gebote zu halten, das ist: an Ihn zu glauben, Ihn zu lieben, Ihm nachzufolgen, Ihm ähnlich zu werden, da der Treue und Liebe, die Sein Wort hält (Joh. 14,23), so große Dinge verheißen sind, dass nämlich Gott selbst in einem solchen Herzen einkehren und da wohnen will. "Lasset uns Ihn lieben", ruft Johannes, der an Seiner Brust lag; "denn Er hat uns zuerst geliebt" (1. Joh. 4,19); "die Liebe ist von Gott" (1. Joh. 4,7); "Gott ist Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm" (1. Joh. 4,16). Hier schon können wir Gott so nahe kommen; hier schon lässt sich Gott so tief zu uns - in uns herab! Lasst uns doch recht ernstlich im vertraulichen Umgang mit diesem großen, erhabenen Gast in uns üben und uns bemühen, stets in Seiner Nähe und Gegenwart zu wandern, uns Ihm ganz ergeben - stets in Ihm bleiben und wohnen, da Gott selbst in uns wohnt und bleibt! Alles außer uns ist ja nichts, ist vergänglich - die ganze Welt vergeht mit all ihrer Herrlichkeit -, aber Gott, Christus in uns, bleibt ewig, und wenn wir Ihm anhangen, sind wir ein Geist mit Ihm (1. Kor. 6,17). Durch Ihn sind uns die teuren und allergrößten Verheißungen geschenkt, nämlich, dass wir dadurch teilhaftig werden der göttlichen Natur, so wir fliehen die vergängliche Lust der Welt (2. Petrus 1,4). O lasst uns an Ihn glauben, uns an Ihn halten, als sähen wir Ihn! Wer an Ihn glaubt, der hat hier schon das ewige Leben, den Himmel in sich (Joh. 6,47).
Gebet
Heiliger, ewig liebenswürdiger Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus - auch unser Vater -, wie hast Du die Menschen so lieb! Wie hast Du mich elenden, armen Sünder geliebt, beseligt und erfreut in Deinem Sohn, Jesus Christus! Du willst in mir wohnen, Du bleibst in mir und ich in Dir. Wie nahe bist Du mir verwandt, wie nahe ich Dir! Ich soll mit aller Gottesfülle erfüllt werden (Eph. 3,19). Sollte ich Dich nicht lieben, nicht von ganzer Seele, von ganzem Herzen, aus allen Kräften lieben? O schenke mir diese Liebe! Lass mich ganz Liebe werden, wie Du ganz Liebe bist! Lass mich Deine Nähe immer inniger empfinden, immer näher mit Dir vereinigt werden! Lass mich durch nichts mehr von Deiner Liebe geschieden werden! Erhalte Du Dir mein Herz zur ewigen Wohnung! Ziehe meinen Geist ganz zu Dir in das Inwendige hinein, damit ich nur Dich liebe, nur Dir anhange und alles außer Dir für nichts achte, Dich nur in allem sehe. Dich in allem finde, alles nur um Deinetwillen tue und leide, damit Du mein ein und alles bist. Du Gott meines Herzens, Du mein Teil in Ewigkeit. Amen.
O liebster Herr, ich weiß es wohl,
dass ich Dein Tempel werden soll;
so komm denn meinem Herzen nah,
bereit es selbst und wohne da!
Nichts heiligt mich, nichts hilft mir sonst,
nicht eigne Kraft, nicht Menschenkunst;
komm Du ins Herz und schließ es zu,
so find ich in Dir Gnad und Ruh.
Lass sonst doch nichts in meiner Seel
als Deine Liebe wohnen;
die Liebe ist's, die ich erwähl
vor Schätzen und vor Kronen.
Stoß alles aus, nimm alles hin,
was mich und Dich will trennen!
Lass nur mein Herz und meinen Sinn
in Deiner Liebe brennen!
O Du mein Trost, mein Licht, mein Heil,
mein höchstes Gut und Leben,
ach sei und bleibe Du mein Teil,
ich will mich Dir ergeben!
Denn außer Dir ist lauter Pein,
nur Du, nur Du kannst mich erfreun!
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Johannes Goßner (1773-1858)
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