Bibel und christlicher Glaube

gottesbotschaft.de - 29.03.2024
URL: www.gottesbotschaft.de?pg=3001

Hauptsumme aller Unterweisung

zurück zum
Beitrag

Hauptsumme aller Unterweisung




denn die Hauptsumme des Gebotes ist Liebe von reinem Herzen und von gutem Gewissen und von ungefärbtem Glauben; wovon etliche sind abgeirrt und haben sich umgewandt zu unnützem Geschwätz, wollen der Schrift Meister sein, und verstehen nicht, was sie sagen oder was sie setzen.

1. Timotheus 1, 5 – 7 (Luther 1912)


Diese Verse machen nachdenklich. Mich jedenfalls. So wie für viele, die sich zu Jesus Christus und seinem Wort bekennen, stehen auch für mich Christi Tod und seine Auferstehung im Zentrum des Glaubens. Ist dies doch das Heilsgeschehen, das uns rettet, wenn wir das im Glauben annehmen und für uns gelten lassen.

Aber gibt es auch so etwas wie einen „Glaubensegoismus“?

Ich denke hier an manche Glaubensgeschwister, wobei ich mich selbst nicht ausnehme, die viel Zeit und Überlegungen darauf verwenden, das Heilswerk Jesu Christi immer noch besser zu verstehen um mehr und mehr in der Erkenntnis und im Glaubenswachstum zuzunehmen.

Das ist keinesfalls verkehrt. Aber könnte es sein, dass man sich dabei, ganz unmerklich, mehr und mehr auf sich selbst bezieht und das sogar in aller Demut? Dabei muss es nicht zu unnützem Geschwätz kommen, wie es in den obigen Versen angeführt wird.

Und wie sieht es mit dem „Meistern der Schrift“ aus? Verstehen wir immer, was wir aufgrund unserer Glaubenserkenntnis sagen und fest behaupten? Im Großen und Ganzen vielleicht schon, aber auch im Detail und in allen Vernetzungen der Schrift?

Was wir glauben haben wir zu einem großen Teil von bibeltreuen Theologen übernommen, die Zusammenhänge erkannt haben, mit denen wir uns dann ebenfalls identifizieren konnten. Und hier hat sich eine bestimmte Auslegungstradition herausgebildet. Aber auch Theologen sind Menschen, die sich irren können.

Beim Lesen der Bibel sind die Zusammenhänge nicht immer unmittelbar erkennbar, was mit ein Grund dafür ist, dass es, selbst im bibeltreuen Lager, unterschiedliche Strömungen gibt, von den unterschiedlichen Konfessionen, Denominationen und Sondergemeinschaften erst gar nicht zu reden.

Das erfordert von uns eine gewisse Offenheit anderen gegenüber!

Denn auch hier gilt, dass unser Wissen und Erkennen Stückwerk ist. Deshalb kann es in Detailfragen die Einstellung, „nur wir wissen, wie es richtig ist“, nicht geben.

Dem steht nicht entgegen, dass es unaufgebbare Glaubensinhalte gibt, an denen wir festhalten, ohne sie aber im klassischen Sinn „beweisen“ zu können. Deshalb unterlassen wir auch entsprechende Versuche.

Noch etwas sehr Wesentliches wird in den heutigen Versen gesagt: Nämlich dass die Liebe die Hauptsumme aller Unterweisung ist. Das bedeutet, dass Glauben mehr eine Herzenssache und weniger eine Kopfsache ist. Das Eigentliche ist also nicht das „Abfüllen“ mit theologischem Wissen.

Menschliche Dinge muss man kennen um sie zu lieben, göttliche Dinge muss man lieben um sie zu verstehen. Ein kluger Satz, der von dem Universalgelehrten und Christ Blaise Pascal stammt.

Dazu sagt Jesus:

„Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt. Dies ist das höchste und größte Gebot. Das andere aber ist dem gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“
Matthäus 22, 37-39

Um zur eingangs gestellten Frage zurückzukommen:

Könnte es sein, dass wir sagen: Hauptsache wir sind gerettet, was gehen uns die anderen an, wenn wir uns nur in unseren frommen Kreis zurückziehen können, wo wir alle der gleichen Meinungen sind? Unsere eigentlich „Nächsten“ sollen sehen, wie sie klar kommen!

Hüten wir uns deshalb auch vor Selbstsicherheit, mit der wir aus unserer Glaubensgewissheit heraus, andere, die das anders sehen oder erleben, als nicht „rechtgläubig“ und damit „als nicht gerettet“ ansehen. Das ist eines der größten frommen Untugenden! Damit greifen wir in Gottes Richteramt ein. Und mit eben diesem Maß werden auch wir dereinst gemessen werden!

Auch wenn die heutigen Verse nicht an die Welt, sondern an die Gemeinde Jesu Christi gerichtet sind, sollte darüber nicht vergessen werden, dass wir, hinsichtlich des Evangeliums, der Welt gegenüber Schuldner sind, der wir die Botschaft des Evangeliums schulden.




Das sollt ihr, Jesu Jünger, nie vergessen:
wir sind, die wir von einem Brote essen,
aus einem Kelche trinken, Jesu Glieder,
Schwestern und Brüder.

Wenn wir in Frieden beieinander wohnten,
Gebeugte stärkten und die Schwachen schonten,
dann würden wir den letzten heilgen Willen
des Herrn erfüllen.

Ach dazu müsse deine Lieb uns dringen!
Du wollest, Herr, dies große Werk vollbringen,
dass unter einem Hirten eine Herde
aus allen werde.


(Lied ' ', Johann Andreas Cramer, 1780 )




  Copyright und Autor: Jörgen Bauer
  Dieser Inhalt darf unter Einhaltung der Copyrightbestimmungen kopiert und weiterverwendet werden